Schauspielhaus-Direktor Andreas Beck wechselt ab 2015/16 an das Theater Basel. Derzeit nimmt noch das Jahresmotto seines Hauses "100 Jahre Wahn und Sinn" Gestalt an. Auf Anne Habermehl folgte Biljana Srbljanovics Terrorismusdrama "Princip". Bravourös.

Wien - Andreas Beck (48), Leiter des Wiener Schauspielhauses seit 2007, wird ab der Spielzeit 2014/15 Direktor am Theater Basel, einem renommierten Dreispartenhaus mit Opern-, Theater- und Tanzbetrieb. Der gelernte Dramaturg (2002-2007 am Burgtheater) hat das Haus in der Porzellangasse zu einem wichtigen Umschlagplatz für zeitgenössische Dramatik gemacht. Uraufführungen und österreichische Erstaufführungen haben viel Resonanz gebracht.
Derzeit ist das Theater mit der Serie zu Paul Claudels Der seidene Schuh für den Nestroy-Preis nominiert. Und in einem grandiosen Kraftakt hat Jonathan Littells Roman Die Wohlgesinnten in einer Bühnenfassung die aktuelle Spielzeit eröffnet. Sie steht unter dem Motto "100 Jahre Wahn und Sinn" und durchpflügt lose und mit Querverweisen das im Ersten Weltkrieg grundgelegte Ungemach des 20. Jahrhunderts.

Auf Anne Habermehls Triptychon Wie Mücken im Licht, das den Oppositionsgeist dreier verschiedener Epochen an drei Individuen exemplarisch festmachte, folgte nun die Uraufführung von Biljana Srbljanovics Drama Princip (Dieses Grab ist mir zu klein). Das jüngste Stück der in Belgrad geborenen und in Paris lebenden Dramatikerin, die zuletzt selten und nur mehr im Auftrag schreibt, nimmt das Attentat auf den österreichischen Thronfolger in Sarajevo (1914) als moderne Fallstudie eines Terroraktes ins Visier.
Princip wird im Kreis seiner Freunde Nedeljko (Simon Zagermann) und Ljubica (Nicola Kirsch) sowie seiner verkappten Auftraggeber (Florian von Manteuffel und Gideon Maoz) als jugendlich erhitzter, aber messerscharfer Denker gezeichnet. Hier sind junge Menschen am Werk, die - wie alle Terrorattentäter der Gegenwart von Mohammed Atta bis Anders Breivik - im Sinne ihrer ureigenen Überzeugungen "etwas Großes" machen wollen.
Das Stück arbeitet die Genese und Motivik eines glühenden Enthusiasmus gut heraus. "Ich bin ein jugoslawischer Nationalist und mein Bestreben ist es, alle Jugoslawen [...] von Österreich zu befreien." - Mit den für dieses Bekenntnis nötigen Blicken aus dem Hinterhalt seines Gesichtes empfiehlt sich Martin Vischer (Princip) als neuer Sven-Eric Bechtolf.
Regisseur Michal Zadara beweist sich als Meister der Feinmotorik. Er entwickelt die nervöse Vorkriegsstimmung in prägnanten Dialogen - mit Komik und Slapstick, ohne je unernst zu werden. Die Absurdität manch informeller Gespräche etwa lässt sich an den Körpern seiner Spieler wunderbar ablesen. Weiße Wände werfen das Gespenst des drohenden Kriegs in Diabildern zurück. Der kurze zweite Teil wirkt wie ein Anhängsel, dennoch ein sehr gelungener Abend.

(Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 18.10.2013)